Inmitten der kargen Wüstenlandschaft Saudi-Arabien entsteht mit Trojena ein visionäres Skigebiet, das die Grenzen des Vorstellbaren sprengen soll. Als Teil des gigantischen NEOM-Projekts soll Trojena bis 2026/2027 auf einer Höhe von 1.500 bis 2.600 Metern über dem Meeresspiegel realisiert werden und Wintersport in einer Region ermöglichen, die bislang nicht unbedingt für Schnee und Schneesport bekannt ist.
Im Nordwesten Saudi-Arabiens, wo bislang nur Felsen, Geröll und trockene Täler das Bild bestimmten, entsteht mit Trojena ein Projekt, das sich als „Skigebiet der Zukunft“ versteht. Es ist Teil des Mega-Vorhabens NEOM, mit dem das Königreich seine Abhängigkeit vom Öl überwinden will. Mit riesigen Hotelkomplexen, aufgeschütteten Inseln am Roten Meer wie beim Projekt Sindalah oder dem Megabauwerk "The Line" will Saudi-Arabien neue Maßstäbe zum Leben und für den Tourismus anlegen. Doch hinter den spektakulären Plänen stehen nicht nur große Visionen, sondern auch viele Fragen.
Trojena liegt im Sarawat-Gebirge auf rund 1.500 bis 2.600 Metern Höhe. Die Temperaturen können im Winter tatsächlich auf um die 0 °C fallen – genug für künstliche Beschneiung, aber nur an wenigen Tagen im Jahr fällt hier auch wirklich natürlicher Schnee. Dass in dieser Region ein funktionierendes Skigebiet entstehen soll, erfordert massive technische Eingriffe – inklusive energieintensiver Schneeerzeuger, künstlicher Seen und vollständig neuer Infrastruktur.
In Trojena sind zahlreiche Großprojekte geplant:
Trojena will ganzjährig Gäste anziehen. Neben Wintersport soll in den wärmeren Monaten Wassersport im künstlichen See angeboten werden, der durch entsalztes Meerwasser gespeist werden soll. Zudem soll vor allem das Mountainbiken und Wandern gefördert werden – obwohl die Temperaturen im Sommer 40 °C übersteigen können. Auch astronomische Beobachtungsplattformen, Virtual-Reality-Zonen, digitale Shows und vieles mehr wird entwickelt – mit dem Ziel, „Natur neu zu definieren“.
Kritiker fragen sich, wie viel Natur hier überhaupt noch erhalten bleibt – oder ob sie nicht vollständig künstlich nachgebaut werden muss.
NEOM vermarktet sich als CO₂-neutral, „smart“ und umweltbewusst. Der Strom für Trojena soll zu 100 % aus erneuerbaren Quellen stammen, die Wasserversorgung über Entsalzungsanlagen laufen. Doch Expert:innen bezweifeln, dass dieses Versprechen realistisch ist – angesichts des gigantischen Wasserbedarfs, des Bauaufwands und der notwendigen Technik zur Schneeproduktion.
Auch die ökologische Zerstörung durch den Bau in einem bislang weitgehend unberührten Gebirge wird kaum thematisiert. Zugleich werfen Menschenrechtsorganisationen dem Staat Saudi-Arabien Zwangsumsiedlungen und Umweltzerstörung im Rahmen des NEOM-Projekts vor.
Trojena wurde überraschend zum Gastgeber der Winter-Asienspiele 2029 gewählt – ein Prestigeprojekt, das auch ohne bestehende Infrastruktur als „Zeichen des Fortschritts“ gelten soll. Ob das Skigebiet bis dahin betriebsbereit ist, bleibt abzuwarten. Der Bau hat bislang nur in Teilen begonnen. Allerdings: Große Hotelketten wie Marriots und Raffles Hotels & Resorts haben bereits Verträge mit NEOM geschlossen und wollen in Trojena riesige Luxushotels errichten.
Trojena ist ohne Frage eines der ambitioniertesten Ski- und Freizeitprojekte weltweit – visionär, technologisch kühn und politisch brisant. Für Reisende und Wintersportfans mag der Gedanke an Skifahren mitten in der Wüste faszinierend sein. Doch wer kritisch hinsieht, erkennt einen Spagat zwischen spektakulärer Inszenierung und realen Herausforderungen in Bezug auf Ökologie, Ethik und Energieverbrauch. Ob Trojena das Wintersport-Paradies der Zukunft wird – oder ein weiteres Mahnmal für überambitionierte Megaprojekte – wird sich zeigen.